Finnland der PISA- Sieger mit einem innovativen und individualisierenden Bildungssystem, so der Ruf, den man mit Finnland in Bezug auf Bildung verbindet. Doch was zeichnet dieses Bildungssystem aus und warum schaffen es die Finnen im internationalen Vergleich so erfolgreich zu sein? Dieser Frage wollte ich mich 15 anderen Teilnehmern aus deutschen und österreichischen Schulen nachgehen. Dafür durfte ich vom 12. März bis 17.03.2017 an einem Seminar mit dem Titel „Förderung in der finnischen Bildung“ in Oulu teilnehmen.

Die Woche begann mit einem Kennenlernen der anderen Teilnehmer schon hier wurde klar, dass es eine sehr interessante und erkenntnisreiche Woche werden würde. So wurde deutlich, dass man im Gegensatz zu Finnland nicht von einem deutschen Bildungssystem sprechen kann. In unserem Land ist die Bildung ja bekannter weise Ländersache, doch dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern so extrem ist, auch wenn man nur die Schularten betrachtet, wurde mir hier bewusst. Der Austausch unter den Teilnehmern war diesbezüglich sehr rege und gewinnbringend.

Im Anschluss an das erste Kennenlernen wurden wir dann von der Seminarleiterin in die Besonderheiten der finnischen Bildung eingeweiht. Wesentlich dabei ist, dass die Bildung bereits mit der Geburt beginnt, da es in Finnland eine Einrichtung mit dem Namen Neuvola gibt, die sich schon vor der Geburt um das Wohl des Kindes und auch der Eltern kümmert. Interessant war auch, dass die Erzieher im Kindergarten eine universitäre Ausbildung haben. Hier zeigt sich der erste große Unterschied zu Deutschland, da die frühkindliche Bildung eine wesentlich größere Rolle spielt und der Stellenwert der Erzieher und auch der Lehrer in der Gesellschaft wesentlich größer ist. Im Lauf der Woche durften wir dann zwei Gesamtschulen besuchen. Hier werden die SchülerInnen von der ersten bis zur neunten Klasse gemeinschaftlich unterrichtet. Nach der neunten Klasse entscheiden sich die SchülerInnen dann, ob sie weiter an die gymnasiale Oberstufe oder in die berufliche Ausbildung gehen. In der Gemeinschaftsschule gibt es in den ersten sechs Schuljahren keine Zensuren und der Notendruck fällt so für die Kinder weg. Außerdem ist die Personalsituation für deutsche Verhältnisse außergewöhnlich. So gibt es neben den Lehrern Schulsozialarbeiter, Sonderpädagogen, Gesundheitspfleger, Schulpsychologen und Schullaufbahnberater. So ist es gut möglich, die Kinder auch individuell zu fördern und zu beraten. Interessant war hier, dass Schüler, die in einem bestimmten Fach Probleme haben, in diesen Stunden von einem Sonderpädagogen individuell in Kleingruppen unterrichtet und gefördert werde. Das Ziel hierbei ist aber immer eine möglichst schnelle Wiedereingliederung in den Regelunterricht. Beeindruckend war neben der gute Personalsituation auch die außergewöhnlich gute mediale Ausstattung der Schulen.

Neben dem Besuch der Gesamtschulen stand auch der Besuch zweier Förderschulen für Kinder mit speziellem Förderbedarf und zwei Vorträge an der Universität Oulu auf dem Programm, in denen über die Lehrerausbildung in Finnland referiert wurde. Aufschlussreich waren hier die Gespräche mit Studenten über ihre Erfahrungen im Studium und in den Schulen. Außerdem wurden wir über die Neuerungen des neuen finnischen Curriculums aufgeklärt.

Am Ende der Woche war ich sehr dankbar für die vielen neuen Anregungen, Erfahrungen und Kontakte. Vor allem die Gespräche mit den finnischen Lehrern und Studenten, aber auch die mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen veränderte meine Sichtweise auf die Schule. Unser Ziel muss es sein, die Anregungen, wie zum Beispiel die bessere Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern und Schülern, aber auch eine sinnvolle Feedbackkultur, in unser Schulleben einzubringen. An der Personalsituation können wir als Schule leider nichts ändern, trotzdem bin ich davon überzeugt, dass die Erfahrungen, die wir Lehrer im Rahmen der Fahrten mit Erasmus+ gemacht haben, für unsere Schule ein großer Gewinn sind.