„Inwiefern wirkt sich denn ihr Beruf auf Ihr Privatleben aus?“

…, so lautete eine der vielen Fragen, mit denen am 23.11.2022 Petra Schuhmann, Mitinhaberin des Familienunternehmens „Hetterich Bestattungen“, sowie die geprüfte Bestatterin Tanja Kremer von unseren Neuntklässler*innen während des zum siebten Mal stattfindenden Projekttags „Tod und Bestattung“ konfrontiert wurden, das diesmal allerdings auf 60 Minuten beschränkt war und jeweils neben einer Schulstunde eine Pause mit einschloss. Während Frau Kremer augenzwinkernd entgegnete, dass Ihre Kinder zu Beginn Ihrer Tätigkeit bei den Essenszeiten sich immer wieder versichert hätten, dass sie sich, da sie doch mit Leichen zu tun habe, ordentlich vor dem Zubereiten der Mahlzeiten gewaschen hätte, verwies Frau Schuhmann darauf, dass sowohl ihre Söhne als auch die Söhne ihres Bruders regelrecht mit in die Materie hineingewachsen seien: Beispielsweise unterstützen die jungen Männer inzwischen beim Überführen einer verstorbenen Person, fungieren auch – falls notwendig – als Sargträger und einer ihrer Neffen schlägt nun selbst die Laufbahn als Bestatter ein, sodass das Familienunternehmen definitiv weitergeführt wird. Einmal mehr beeindruckten die beiden Damen sowohl die anwesenden Lehrkräfte als auch die Jugendlichen durch ihre offene, lockere Art, ihren beruflichen Alltag erlebbar zu machen, und durch ihre verschiedenen persönlichen Hintergründe, weshalb beide in dieser Branche tätig seien.

Die Klassen 9b und 9c begegneten direkt zu Beginn der 1. Pause am Leichenwagen den beiden Referentinnen, was letztlich aber sich wider Erwarten als regelrechter Gesprächs-Opener entpuppte, was wir begleitenden Religionslehrkräfte so gar nicht erwartet hätten. Denn sogleich musste ein Holzsarg aus dem Inneren des Fahrzeugs durch vier Schüler*innen befördert werden, Frau Kremer und Frau Schuhmann erläuterten geduldig Details am Sarg inklusive Deckengarnitur, führten eine Überführungstrage vor und bauten eine Schaufeltrage zusammen. Schon waren alle Anwesenden mitten im Geschehen, sodass sich auch zügig Freiwillige fanden, die das Angebot des „Probeliegens“ im Sarg ohne jegliche Berührungsängste wahrnahmen, was aber ebenso den völlig unverkrampften Umgang mit dem Prozess des Sterbens, aber auch des Trauerns von Seiten der beiden Referentinnen verdeutlichte. In diesem Zusammenhang musste dann auch gleich geklärt werden, ob denn ein knapp zwei Meter großer Schüler tatsächlich in diesen knapp über 1.000 € teuren Sarg passen würde. – Der umgekehrte, inzwischen schon traditionelle Ablauf der Klassen 9a und 9d startete dagegen eher gewohnt zurückhaltend, ehe sich schlussendlich dann aber auch eine lebhafte Fragenrunde entwickelte.

Neben eher pragmatischen Fragen nach der Liegezeit eines Grabs und was danach mit noch möglicherweise vorhandenen sterblichen Überresten geschehe (➔ z. B. im Falle einer in einer Urnenwand aufbewahrten Urne) oder nach in Deutschland erlaubten Bestattungsformen (vgl. „Grauzonen“ in einzelnen Nachbarländern), erfuhren die Neuntklässler*innen u. a., dass es Angehörigen – falls gewünscht – auch ermöglicht wird, beim Waschen und Ankleiden der verstorbenen Person mitzuwirken. Petra Schuhmann erzählte, als sie gefragt wurde, ob sie denn selbst die Bestattung und sämtliche anderen Vorbereitungen bei einem Trauerfall in der eigenen Familie übernehmen würde, freimütig von ihrer kürzlich verstorbenen Schwiegermutter und dass es für sie eine Selbstverständlichkeit wäre. Auch ob Tote generell für eine Beerdigung geschminkt würden, interessierte eine Schülerin, worauf Tanja Kremer entgegnete, dass sie generell Natürlichkeit bevorzuge bzw. die verstorbene Person so zeigen möchte, wie sie war, und dabei schmunzelnd in Richtung von Frau Hartwich-Beck blickte. Bei all der Ernsthaftigkeit der Thematik kam auch der Humor und die unbeschreibliche Lebensfreude beider Referentinnen immer wieder deutlich zum Vorschein. Doch auch neuere Aspekte wie die durch die Corona-Pandemie bekannt gewordenen Bodybags oder der Probelauf des Ersetzens von Särgen durch Leichentücher, so wie man dies im Islam und Judentum praktiziert, in München wurden aufgegriffen. Abschließend betonte Petra Schuhmann, es sei das Schönste an ihrer Tätigkeit, Angehörige in ihrer Trauer aufzufangen und zu begleiten und eben die eigene Menschenkenntnis zu nutzen, um die Trauernden adäquat zu beraten. Indem Bestatter*innen in der heutigen Zeit mehr Freiraum zur Verfügung stünde, könne viel mehr auf individuelle Wünsche (vgl. gemeinsames Bemalen eines Sarges eines verstorbenen Jugendlichen durch dessen Clique; mehrmaliger „Besuch“ der kleinen verstorbenen Tochter durch die Eltern in der Leichenhalle vor der Beisetzung, um den Abschied begreifbar zu machen) eingegangen werden, genieße man auch bei den Angehörigen ein viel größeres Vertrauen. Auch stellte Tanja Kremer die Tendenz heraus, dass immer mehr Leute vorab ihre Beerdigung planten – teils sogar mit der gesamten Familie -, wodurch dann tatsächlich im Todesfall den Hinterbliebenen früher und auch mehr Zeit zur Trauer ermöglicht würde.

Doch durfte am Ende der beiden Gesprächsrunden jeweils der Gang zu den Schautischen nicht fehlen: Beide Damen stellten Trends für trauernde Angehörige wie Mini-Gedenkurnen oder Fingerabdruckschmuck vor, demonstrierten das Auseinandernehmen von mitgebrachten Urnen. Auch die Möglichkeit, die genannten Accessoires sowie Urnen aus nächster Nähe zu betrachten und anzufassen, Broschüren über Ruheforst, Seebestattung, zum digitalen Nachlass und Kataloge mit modernen Sargmodellen, z. B. aus Papier, durchzublättern, wurde von vielen Neuntklässler*innen gerne genutzt, wobei oft auch noch persönliche Fragen gestellt wurden, die im Plenum nicht geäußert worden waren.

An dieser Stelle ergeht ein Riesen-Dankeschön an Frau Schuhmann und Frau Kremer für deren ungezwungenen, lebhaften Vortrag, ihre Offenheit sowie die zahlreichen Anschauungsmaterialien bzw. –objekte.

Autorin: Corinna Hartwich-Beck