Jedes Jahr um den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember ruft Amnesty International zum Briefmarathon auf, bei dem Protestbriefe gegen unrechtmäßige Verhaftungen, Todesdrohungen, Landraub und andere Verletzungen der Menschenrechte geschrieben werden. Dies erfolgt nicht etwa ganz allgemein, vielmehr gilt es, sich für konkrete Aktivisten und Aktivistinnen einzusetzen. In diesem Jahr waren dies bei unserem Briefmarathon vier Frauen:

  • Atena Daemi aus dem Iran, die die Abschaffung der Todesstrafe forderte und dafür zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Nachdem sie friedlich gegen die Hinrichtung einer jungen Frau demonstriert hatte, wurde sie festgenommen, geschlagen und durchlebte über 50 Tage in Einzelhaft.
  • Nonhle Mbuthuma aus Südafrika, die sich für die Landrechte der Amadiba einsetzt, auf deren Boden eine Titan-Mine gebaut werden soll. Die Bevölkerung würde alles verlieren und vertrieben, wogegen Nonhle kämpft. Sie steht auf einer Todesliste und hat bereits einen Anschlag auf sie überlebt.
  • Vitalina Koval aus der Ukraine, welche bei einer friedlichen Demonstration für die Rechte von Homo-, Bi- und Transsexuellen von Rechtsextremen angegriffen wurde, obwohl die Polizei im Vorfeld Schutz zugesichert hatte. Rechtsextreme Gruppen greifen in der Ukraine vermehrt Menschen an, die sich für Frauenrechte und für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen einsetzen.
  • Geraldine Chacón aus Venezuela. Sie engagiert sich für Jugendliche aus den Armenvierteln Caracas‘. Für angeblichen Kontakt zu oppositionellen Gruppen wurde sie vier Monate inhaftiert, mittlerweile ist sie zwar frei, darf das Land aber nicht verlassen und muss jederzeit wieder mit einer Festnahme rechnen.

Diese vier starken Frauen gingen mit ihrer Meinung an die Öffentlichkeit, demonstrierten und setzten sich für Menschenrechte ein – alle diese Rechte sind für uns in Deutschland eine Selbstverständlichkeit, die uns durch das 1949 erlassene Grundgesetz zugesichert werden:

 

Um Bewusstsein dafür zu schaffen, dass solche Rechte eben keine Selbstverständlichkeit sind und immer wieder aktiv verteidigt werden müssen, nehmen wir bereits seit vielen Jahren am Amnesty Briefmarathon teil. In diesem Jahr schrieben einzelne Klassen der achten bis zehnten Jahrgangsstufe 120 Protestbriefe. Dabei sind manche Schüler zunächst kritisch eingestellt und fragen, was das Absenden eines Briefs schon bewirken kann. Wenn Regierungen aber hunderttausende von Briefen erhalten, ist ihnen das oft mehr als lästig, denn sie schätzen es nicht, wenn weltweit bekannt wird, welches Unrecht in ihrem Land geschieht.

Ein anderer Kritikpunkt, der ab und zu von Schülerseite geäußert wird, ist, dass sie negative Konsequenzen befürchten, wenn sie mit ihrer Unterschrift und Adresse für den Inhalt ihres Briefes geradestehen sollen. Amnesty ist aber in all den vielen Jahren, in denen der Briefmarathon durchgeführt wurde, kein Fall bekannt, bei dem eine deutsche Person negative Folgen erfahren hat. 

Gerade in Zeiten, in denen weltweit eine Tendenz zur Beschränkung von Menschen- und Bürgerrechten erlebbar wird, scheint es wichtiger denn je, sich gegen derartiges Unrecht einzusetzen. Daher hoffen wir auch im kommenden Jahr auf eine rege Beteiligung am Briefmarathon und wünschen „unseren“ vier Frauen, dass die Briefe ihnen Kraft geben und ihre Position stärken mögen, damit auch sie weiterhin in der Lage sind, für Menschenrechte zu kämpfen.

  Autorinnen: Kirsten Christiansen und Susanne Müller