Laut unseres Erasmusantrages der den Projekttitel ‚Wir erleben Schule gemeinsam/ Neue Unterrichtsmethoden‘ trägt, ist eines unserer Ziele unsere geringe Schulabbrecherquote halten zu können. Aus diesem Grund buchte ich mir den Kurs ‚ Preventing Failure, Leading for Success‘, welcher von der Global Learning Association organisiert wurde,

Am 12.März 2017 begann mein Kurs in Lincoln, England. Ich flog also von München nach London, nahm am wunderschönen King’s Cross Station (ein Muss für alle Harry Potter Fans wegen der Platform 9 3/4) den Zug nach Lincoln, welches ca. 240 km nördlich von London liegt.

Abends  traf ich die anderen Kursteilnehmer  aus Italien und Polen und es folgte die erste Kennenlernrunde bei typischen englischen Abendessen und natürlich nur in englischer Sprache.

Der nächste Tag war angefüllt mit Schulbesuchen. Um 08:30 wurden wir an der Rezeption der William Farr School in Welton vom Schulleiter Andy Stone begrüßt. Diese Comprehensive School (7. bis 13.Klasse) hat 1450 Schüler  und über 100 Lehrkräfte. Gleich bei dieser Schule fiel mir auf, wie streng die Sicherheitsbestimmungen an englischen Schulen sind. Besucher müssen sich in ein Besucherbuch eintragen und dann Namensschilder tragen.

Auch die Lehrkräfte tragen Namensschilder, die sich jedoch farblich von den Besucherschildern unterscheiden.

Im Eingangsbereich und an allen Türen hängen Videokameras, die zum Schutz der Schüler und Lehrer beitragen soll. Um 08:35 Uhr findet jeden Tag eine Schulleitungsbesprechung statt und um 08:45 Uhr  eine Dienstbesprechung mit allen Lehrkräften, in der über Aktuelles geredet wird oder Vorhaben angekündigt werden.

Für die Schüler beginnt der Unterricht um 09:00 Uhr, alle Jahrgangsstufen haben aber einzeln  jeden Tag eine Versammlung, die vom Jahrgangsstufenlehrer und dem Jahrgangsstufensprecher geleitet wird und ca. 20 Minuten dauert. Was für uns Besucher sehr beeindruckend war, war die Disziplin und Ruhe der Schüler während der Versammlungen.

An dieser Schule ist es nicht erlaubt Handys mitzuführen. Wer ein Handy mitbringt, muss dieses früh beim Empfang abgeben. Laut dem Schulleiter gibt es darüber keine Beschwerden.

Ich frage mich wie das wohl an unserer Schule wäre. Da die Schule räumlich, aber auch personell gut ausgestattet ist, können die Schüler zwischen viele Kursen wählen. Dadurch dass der Unterricht erst um 16:00 Uhr endet, können natürlich noch viel mehr Aktionen stattfinden,  die dazu führen, dass sich die Kinder mit ihrer Schule identifizieren und somit weniger Schaden oder Unfug produziert wird.  Ein Beispiel dafür ist die tolle Schülerzeitung, die monatlich erscheint

Meine Gruppe und ich besuchten an diesem Tag noch zwei weitere Schulen, zum einen die Lincoln Christ’s Hospital School ( für 11 bis 18jährige Schülerinnen und Schüler) und die Monks Abbey Primary School, eine Grundschule  für 3 bis 11jährige Schülerinnen und Schüler. Während dieser Besuche konnten wir sehen, dass die Klassen medientechnisch sehr gut ausgestattet sind und die Nutzung von I-pads oder Whiteboards ganz normal und nichts mehr Besonderes ist. Wir erfuhren von den Schulleitungen, dass alle Schulen Kameraüberwachung haben um einen hohen Sicherheitsstandard zu haben und dass jede Lehrkraft einen ‚Assistant teacher‘ im Unterricht hat, der die Lehrkraft bei der Differenzierung unterstützt. Das wäre natürlich auch in unserem Schulsystem traumhaft. An diesen Schulen, aber auch bei italienischen und polnischen Schulen, arbeiten IT-Techniker, die sich um alle Medien und alle Technik der Schule kümmern. Bei uns müssen dies  Lehrkräfte machen, zusätzlich zum Unterricht.

Der nächste Tag begann mit einem Besuch der Cordeaux Academy in Louth welche von 559 elf bis 18jährigen Schülerinnen und Schüler besucht wird. Da diese Schule eine ‚Academy School‘ ist, wird sie von der Schulleitung selbst verwaltet. Es gibt ein Budget mit dem Alles bezahlt werden muss, Miete des Schulhauses, Strom, aber auch die Gehälter der Lehrkräfte. Die Kinder machen eine Aufnahmeprüfung um aufgenommen zu werden. Da ein strenger Wettbewerb zu den umliegenden Schulen besteht, wird der Qualitätsanspruch sehr hoch gehalten, wer diesem nicht entspricht, muss gehen. Dies gilt für Schüler und Lehrkräfte.

Am 15.03. machten wir uns früh auf den Weg zur Lincoln Christ’s Hospital School an der

wir Einblicke in das Bewertungssystem Ofsted (Office for Standards in Education, Children’s Services and Skills) bekamen. Alle Lehrkräfte und die Schulleitung waren sehr nervös, weil die Inspektoren von Ofsted an der Schule waren, um diese zu evaluieren.

Ofstead besucht alle Schulen in England regelmäßig und nur mit einem Tag Voranmeldung um die Bedingungen an der Schule aber auch die Arbeit der Lehrkräfte sowie der Schulleitung zu überprüfen. Sie vergibt vier Kategorien: ‚Herausragend‘, ‚Gut‘, ‚benötigt Verbesserungen‘ und ‚Ungenügend‘.

Die Ergebnisse dieser Überprüfung werden in einem Ofsted- Bericht veröffentlicht. Ist die Benotung schlechter als ‚Gut‘ wird den Schulen Zeit und Beratung gegeben, um ihre Ergebnisse zu verbessern. Schulen mit guten Bewertungen veröffentlichen Ihren Ofsted-Bericht auf der Schulhomepage, um Werbung für die Schule zu machen.

Die letzte Schule, die wir an diesem Tag und vor unserer Abreise nach London besuchten war die Queen Elizabeth’s High School. Diese Schule hat 1230 Schüler/innen und ist in Vier Häusern eingeteilt, ähnlich wie in Hogwarts bei Harry Potter. Obwohl es eine öffentliche Schule ist, müssen die Kinder Aufnahmeprüfungen bestehen, um an dieser Schule unterrichtet zu werden. Mich begeisterte hier die großen Grünflächen und die äußerst gut erzogenen und freundlichen Schüler in ihren Schuluniformen.

Meine Gruppe wurde, wie bei allen anderen Schulen, sehr herzlich empfangen und wir bekamen einen interessanten Rundgang durch diese weitläufige Schule.

Am Nachmittag machten wir uns per British Rail auf den Weg nach London zu unserer nächsten Unterkunft und zu unserer Begegnung mit unserem zweiten Gruppenleiter.

Den  Donnerstag starteten wir mit einer Sightseeing Tour von Greenwich und dann per Boot  zum Tower of  London . Danach und am nächsten Tag verbrachten wir viel Zeit an zwei räumlich getrennten Schulen, die  aber zusammengehören, da die eine für jüngere und die andere für ältere Schüler/innen ist. Beide heißen SILS ( Southwark Inclusive Learning Service) und sind für Kinder, die wegen Verhaltensauffälligkeiten oder Drogendelikten von anderen Schulen ausgeschlossen wurden. Diese Schulen sind die letzte Bastion für diese schwierigen Schüler. Der Unterricht findet in Kleingruppen von drei bis vier Schülern und mindestens zwei Lehrkräften statt. Hier herrscht eine Nulltoleranz-Politik. Alle Schüler werden bei ihrer Ankunft mit Metalldetektoren untersucht und müssen sämtliche Tascheninhalte abgeben. Verstoßen die Schüler gegen Regeln, z.B. mit Drogen- oder Waffenbesitz,  werden sie auch von dieser Schule verwiesen und es ist ihnen nicht mehr möglich sich schulisch zu bilden oder einen Abschluss zu erlangen. Bei beiden Schulen hat mich der Einsatz und die Motivation der Lehrkräfte und der Schulleitung begeistert, die unter schwierigsten räumlichen, aber auch psychischen Bedingungen ihre Arbeit excellent erfüllen.

Meine Reisegruppe verabschiedete sich am Samstag Vormittag sehr herzlich voneinander. Geblieben sind viele neue Kontakte, viele Eindrücke vom englischen Schulsystem und  lustige Erinnerungen, aber auch die Erkenntnis, dass unser dreigliedriges Schulsystem in Bayern unseren Kindern alle Möglichkeiten bietet. Der Druck, der durch die Ofsted Inspektionen an den Schulen aufgebaut wird, ist zwar  positiv für die Schüler/innen, da immer und von allen Mitgliedern der Schulfamilien überdurchschnittliche Gesamtleistungen auf allen schulischen Gebieten angestrebt werden, kann aber auf lange Sicht für die Gesundheit der Lehrkräfte und Schulleitungen nicht gut sein.

M.Küfner