Die Qual der Wahl: von karibischem Blau bis zu schickem Altrosa
– Sammelbestellung fairer Schulkleidung –
Ein voller Erfolg war auch in diesem Jahr die Sammelbestellung für Schulkleidung, die mit unserem Logo bedruckt ist – vier riesige Kartons, die das „Stanley/Stella“-Logo trugen, schleppte unser Hausmeister Mitte Februar ins Lehrerzimmer. Sogleich machten wir uns ans Verteilen der von der Produktionsfirma Fugamo wirklich erfreulich nachhaltig verpackten Kleidung: Die Rechnungen waren auf Umweltpapier gedruckt, eine Schnur aus naturbelassenem Material hielt sie und die georderte Klamotte zusammen. Beim Auspacken bewunderten wir die Farb- und Formenvielfalt und mutmaßten, welcher Schnitt und welcher Farbton wohl unser persönlicher Liebling wäre – das mintfarbene Caribbean Blue? Oder das Heather-Grau mit leicht roséfarbenem Einschlag? Groß war die Auswahl, was offenbar vor allem die „Kleinen“ zu schätzen wussten, denn sie bestellten am eifrigsten: Absoluter Spitzenreiter war die Klasse 5a, in der 17 Schüler oder Schülerinnen fleißig faire Kleidung bestellten! Aber auch die Klasse 5b stand der Klasse 5a kaum nach, denn sie erhielten ebenfalls einen ganzen Karton voller schicker Shirts, Hoodies und Jogginghosen von uns – Letztere waren übrigens diesmal die Renner, da man sie erstmals bestellen konnte. Hinzu kamen einzelne Kapuzenpullis und Turnbeuteln. Einen anderen Rekord stellten die 7c auf, in der eine Schülerin die meisten Teile orderte, nämlich sechs Kleidungsstücke auf einen Streich! Wir freuen uns sehr über eure rege Beteiligung! 😊
Aufgeräumt wurde nicht nur am Ende unserer Bestell- und Zustell-Aktion, sondern sollte man vielleicht auch einmal mehr in puncto Vorbehalte gegen faire Kleidung, denn diese sind leider noch weit verbreitet. Hier findet Ihr nun einige typische Vorurteile und unsere Antworten darauf:
Fairtrade gibt es nur für Lebensmittel, aber nicht für Kleidung.
Das Fairtrade-Siegel gibt es für alle Produkte, die nicht heimisch angebaut werden können und deren Anbau in ferner Ländern dann oft mit der Ausbeutung der Arbeiter dort einher geht. Das gilt auch für die Baumwolle, die für viele Kleidung benötigt wird – sie wird vor allem in Asien und Südamerika angebaut. Typische Probleme beim Anbau sind neben den üblichen zu niedrigen Löhnen z. B. die übermäßige und ungeschützte Anwendung von Chemikalien. Übrigens ist Baumwoll-Anbau sehr wasserintensiv (der WWF z. B. spricht von 11.000 Litern für eine Jeans und ein T-Shirt); gerade bei Kleidung wäre es also nachhaltig, sie lange zu tragen und wann immer möglich gebraucht zu (ver)kaufen. Neben der herkömmlichen blau-grün-schwarzen Figur tritt bei Kleidung das rote FairWear-Siegel auf: Während FairWear sich mehr für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einer gerechten Entlohnung der Arbeitnehmer in der Bekleidungsindustrie einsetzt und dafür eher mit großen Marken zusammenarbeitet, stärkt Fairtrade kleine Produzenten entlang der Lieferkette. FairWear ist durchaus anspruchsvoll in den sozialen Zielen, ökologische Kriterien spielen (im Gegensatz zu Fairtrade) aber keine Rolle.
Fairtrade arbeitet doch mit Mengenausgleich. Das ist ja gar nicht wirklich fair.
Vorweg: Mengenausgleich bedeutet, dass die Hersteller faire mit normaler Ware mischen dürfen, sodass faire Produkte auch „unfaire“ Rohstoffe enthalten können und umgekehrt. Die Produzenten verpflichten sich aber genau so viel vom fairen Rohstoff einzukaufen, wie sie auch als „fair“ angepriesene Produkte an den Kunden verkaufen. Nur muss sich eben die fair eingekaufte Menge nicht zwangsläufig (vollständig) in genau dieser Packung finden.
Ein großer Kritikpunkt am Fairtrade-Siegel ist grundsätzlich: Damit ein Produkt überhaupt das Fairtrade-Siegel erhält, muss es nicht zu 100% aus fair gehandelte Rohstoffe bestehen; es reichen normalerweise 20%. Tatsächlich mag man das als wenig ansehen – und natürlich ginge es besser. Wir sind der Meinung: Ein Fünftel fair produzierte Baumwolle ist definitiv besser als 0% bei herkömmlicher Kleidung. Und wer es strenger mag: Es gibt mittlerweile eine Reihe von (auch regionalen) Firmen, die einen höheren Anteil aus fairem Anbau verwenden – greife auch gerne da zu! Im Falle unserer Schulkleidung gilt, dass Stanley/Stella nachhaltige Rohstoffe (z. B. recycelte Bio-Baumwolle) verwendet und bei FairWear als „Leader“ zertifiziert ist, ein Titel, der besonders sozial verantwortungsvoll arbeitenden Firmen vorbehalten ist.
Fairtrade-Kleidung ist zu teuer und es gibt sie zu selten.
Faire Kleidung ist – wie du an unseren immer wieder stattfindenden Sammelbestellungen siehst – mittlerweile relativ weit verbreitet. Es gibt regionale Läden in allen größeren Städten (z. B. Bamberg, Bayreuth), die ausschließlich faire Kleidung anbieten, außerdem sogar fair arbeitende Kleidungsmarken, die aus der Region kommen (z. B. Bleed aus Oberfranken). Wem das alles zu weit weg ist, findet günstige, unbedruckte Kleidung auch auf Internet-Seiten wie Grundstoff. Wenn dir Marken und Prints wichtig sind, probiere es doch mal mit Second-Hand-Kleidung – auch hier existieren mittlerweile viele Plattformen u. a. im Internet (z. B. Ebay Kleinanzeigen, Vinted).
Ich bin ja nur ein Einzelner, ich kann doch nichts erreichen.
Rund 80 Millionen Menschen leben alleine in Deutschland. Wenn jeder von ihnen versuchen würde, seinen Lebensstil ein bisschen nachhaltiger zu gestalten, ließe sich vieles auf der Welt verbessern, denn: Laut dem Webportal Statistica gaben die Deutschen 2019 rund 65 Milliarden Euro (nur in diesem Jahr) für Kleidung aus. Dein Kassenzettel ist dein Stimmzettel – bei jedem Kauf. Das heißt: Jedes Mal, bei jedem Einkauf, kannst du dich bewusst für oder gegen Kinderarbeit, existenzsichernde Löhne, Sozialleistungen wie Krankengeld und Rente einsetzen. Damit kannst du auch ein deutliches Signal setzen in Richtung der Politik und zeigen, was dir wichtig ist.
Mein Shirt hat zwar kein Fairtrade-Siegel, aber Oeko-Tex und Bio, das ist doch auch gut!
Bei Oeko-Tex gibt es keine Sozialstandards, die den Arbeitern z. B. einen sicheren Lohn bieten. Auch ist es trotz des Wortes „Öko“ kein Bio-Siegel, d. h. die Baumwolle stammt aus herkömmlichem Anbau. Der Herstellungsprozess wird gar nicht kontrolliert, sondern nur das Produkt, nämlich auf Schadstoffarmut.
Ein Bio-Siegel (sofern es eines ist, siehe Oeko-Tex – denn nicht jedes grüne Siegel mit einer Pflanze im Logo steht für biologischen Anbau) garantiert einen umweltschonenden Anbau. Tatsächlich trägt Fairtrade-zertifizierte Kleidung zwar oft auch ein Bio-Siegel, dieses ist aber nicht an das Fairtrade-Siegel gekoppelt. Insofern wäre es sinnvoll, neben dem Fairtrade-Etikett auch nach einem Bio-Siegel darauf zu suchen. Übrigens: Die für unsere Schulkleidung verwendeten Modelle von Stanley/Stella sind allesamt Bio-zertifiziert.
Wir hoffen, damit einmal mehr Überzeugungsarbeit geleistet zu haben für faire Kleidung. Denn: Auch wenn nur ein Kind mehr durch gekaufte Fairtrade-Kleidung zur Schule gehen kann und nicht arbeiten muss, ist doch schon viel gewonnen. Nachdem bereits beim Austeilen der tollen Shirts Nachfragen kamen (mit leicht neidischem Blick auf die glücklichen MitschülerInnen), ob man denn jetzt auch noch bestellen könne, werden wir sicher allerspätestens im nächsten Schuljahr nochmal eine Bestell-Aktion durchführen. Bis dahin kann man vielleicht ein gebrauchtes Shirt von einem Mitschüler kaufen, der diesem entwachsen ist?
Wir danken Euch allen für Eure umfangreiche Beteiligung und wünschen Euch viel Freude an Eurer Schulkleidung!
– Autorinnen: Susanne Müller & Kirsten Christiansen